Gestalten statt managen
Die Pandemie hat viele Führungskräfte zu Organisatoren gemacht, die Mitarbeitenden brauchen aber mehr als das.
Was mich im letzten Jahr, im Coronajahr, unheimlich genervt hat, war das permanente Umorganisieren. Ich war nur noch mit Managen und Organisieren beschäftigt! Kaum gab es mal wieder Hoffnung ein paar Dinge live zu organisieren, kam der nächste Schlag und wieder musste alles umorganisiert werden – es war ein Hin und Her.
Was ich auch feststellen durfte ist, dass Homeoffice unterschiedliche Auswirkungen auf verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat und auch das Betriebsklima erheblich darunter leiden kann. Zumindest dann, wenn man es nicht entsprechend auffängt. Ich denke, dass es nicht darum geht, eine Krise einfach nur zu managen, sondern dass eine Langzeitkrise wie diese Pandemie auch Gestaltung braucht. Es also Energie der Gestaltung und nicht nur die Energie des Umorganisierens braucht.
Tue Gutes und sprich darüber
Gestaltung gehört für mich – viel mehr als managen – in den Bereich von Führung. Wie führe ich, worauf achte ich und was gewinnt vielleicht mehr an Bedeutung? Natürlich gibt es Dinge, die im Grunde schon allgemein bedeutend sind, aber gerade jetzt noch einmal eine neue Bedeutung haben. Hast du mal darüber nachgedacht, wie oft du – in welchem Kontext auch immer, aber gerade als Führungskraft – über Gutes und Gelingendes sprichst?
Die weniger werdenden Kontakte zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen ja dazu, gerade noch das notwendigste mitzuteilen, nur noch reduziert zu kommunizieren, a la: „Was ist der nächste Schritt, was machen wir, was lassen wir, was tun wir, wie gehen wir damit um?“ Was dabei verlorengeht, ist die Wahrnehmung füreinander. Das heißt, dass man sich präsent und gegenwärtig begegnet.
Zwei Dinge sind in der Pandemie zu kurz gekommen:
- Geborgenheit und Zusammengehörigkeit
- Leichtigkeit und Kreativität
Das fällt in den Aufgabenbereich einer Führungskraft: Mit Leichtigkeit und Kreativität voranzugehen und die Firma und das Team damit auf Kurs zu halten. Vielleicht ist es auch die Aufgabe jeder einzelnen oder jedes einzelnen, sich genau damit auf Kurs zu halten. Ich glaube, das ist besonders schwierig, aber gerade jetzt braucht es das doch immer, immer wieder. Es ist wichtig, sich die Zeit zu nehmen, trotz allem die Energie aufzuwenden und über das Gute und Gelingende zu sprechen. Nicht immer nur über das, was verbessert werden muss.
Kommunikationsdefizite aufarbeiten
Menschen brauchen Menschen und Menschen brauchen Menschen, die ihre Stärken stärken. Je mehr der Kontakt verlorengeht, je mehr das Zusammengehörigkeitsgefühl verlorengeht, desto wichtiger werden Zugehörigkeit, Geborgenheit, Kreativität und Leichtigkeit.
Letztens habe ich ein Team betreut, das zusätzlich zur Krise noch die Idee hatte, Neuerungen einzuführen. Das heißt, das Team hatte die Krise gerade so gemanaged und gleichzeitig unheimlich viel an Kontraktfläche verloren. Sie haben sich gegenseitig nicht mehr richtig wahrgenommen und dadurch, dass immer nur Teile vom Team aufeinandertrafen oder zusammenkamen, gab es auch Kommunikationsdefizite und man hat von den anderen Menschen im Team nur noch vom Hörensagen gehört – eine ganz ungute Situation, um noch auf die Idee zu kommen, man könnte jetzt noch einige Dinge optimieren und verbessern und anders machen und so weiter und so weiter.
Genau da ergab sich ein tiefer Bruch: Auf der einen Seite wurde nur noch Krisenmanagement betrieben und auf der anderen Seite – bei mangelnder Kommunikation muss man sagen, noch nicht mal als Vorwurf, sondern als Zeichen dieser Zeit und nach den Regeln, die eben möglich waren – sollten dann noch Dinge wirklich nachhaltig verändert werden.
Mehr Gegenwärtigkeit
Ich glaube, es braucht eine hinreichende Sorgsamkeit, um genau dieses Element von Gestalten, von Gegenwärtig sein, von Neugier und auch Offenheit zueinander zu leben. Ich finde, da gehört auch nicht zuletzt Humor und Lachen dazu. Mit dieser Art von Leichtigkeit an die Sache heranzugehen, selbst dann noch, wenn wirklich alle von der Pandemie nur noch genervt sind.
Um auf Kurs zu bleiben – gerade jetzt in dieser Zeit – sollte der Gedanke des Gestaltens von Situationen nochmal neu ins Bewusstsein kommen und wieder neu dazu führen, dass man Dinge vor dem Hintergrund des Gestaltens durchdenkt. Das führt dazu, dass wir Teams und Menschen deutlich besser auf Kurs halten können.
Vielleicht hast du dazu andere Impulse? Ich bin neugierig auf deine Meinung und was du dazu zu sagen hast. Ich wünsche dir jedenfalls da, wo du bist, viel Präsenz und Gegenwärtigkeit sowie Ideen zur Gestaltung statt nur zur Abwicklung der Krise.